Besonderheiten des Parlaments
Wechselnde Mehrheiten

Das Parlament setzt sich aus mehreren Parteien zusammen, von denen keine die Mehrheit hat. Das Parlament besteht also nicht aus einer dauerhaften Mehrheit und einer dauerhaften Opposition, so wie in vielen Ländern. Vielmehr bilden sich je nach Geschäft wechselnde Mehrheiten, je nachdem, welche Parteien sich bei einem Geschäft einig sind.
Zwei gleichberechtigte Kammern

In vielen Ländern hat das Parlament nur eine Kammer, in der Schweiz sind es zwei. Nationalrat und Ständerat haben exakt die gleichen Kompetenzen und Aufgaben. Beide behandeln dieselben Geschäfte auf dieselbe Art. Sie müssen übereinstimmende Beschlüsse fassen, damit diese in Kraft treten. Gesetze müssen beide Kammern im gleichen Wortlaut verabschieden. Ein Ja in der einen Kammer reicht also nicht. Bis sich National- und Ständerat geeinigt haben, braucht es oft seine Zeit.
Milizparlament

Das Schweizer Parlament besteht nicht aus Berufspolitikerinnen und Berufspolitikern. Dank ihrer beruflichen Tätigkeit bringen die Ratsmitglieder konkretes Fachwissen in die Debatten ein. Auch gilt ein Milizparlament als volksnäher. Allerdings wenden Abgeordnete für ihr politisches Mandat immer mehr Zeit auf, manche gar ihre ganze Arbeitszeit. Somit hat die Schweiz eigentlich eine Mischung aus Teilzeit- und Berufsparlament.
Differenzbereinigung

Entscheiden Nationalrat und Ständerat unterschiedlich, geht ein Geschäft zur Differenzbereinigung von einer Kammer in die andere. Dabei nimmt es den Weg durch die vorberatenden Kommissionen. Falls sich National- und Ständerat auch nach drei Runden nicht einig sind, findet eine Einigungskonferenz statt. Ohne Einigung ist das Geschäft erledigt.
Drei Amtssprachen

Das Parlament berät und erlässt Gesetze in den drei Amtssprachen des Bundes (Deutsch, Französisch, Italienisch), in gewissen Fällen auch auf Rätoromanisch. Die Voten im Nationalrat werden simultan in die drei Amtssprachen übersetzt. Die gelebte Mehrsprachigkeit bringt zum Ausdruck: der Respekt gegenüber Minderheiten ist die Grundlage für das Zusammenleben in der Schweiz. Jedes Votum wird in der Originalsprache im «Amtlichen Bulletin» veröffentlicht.
Abstimmungsempfehlungen

In der Schweiz finden regelmässig Volksabstimmungen statt. Zu jeder Vorlage geben das Parlament und der Bundesrat eine Abstimmungsempfehlung ab. Diese wird im «Abstimmungsbüchlein» publiziert, das den Stimmberechtigten vor der Abstimmung zugeschickt wird und online zur Verfügung steht.
Stabilität

Regierung und Parlament sind für vier Jahre gewählt. Sie können nicht aufgelöst werden. Mit seinen Beschlüssen spricht das Parlament der Regierung nicht das Vertrauen oder das Misstrauen aus. Es kann Gesetzesentwürfe zurückweisen, abändern oder ablehnen, ohne dass die Regierung deswegen zurücktreten muss. Das verleiht dem Parlament eine starke Position. Zudem ist es auf nationaler Ebene das einzige direkt durch das Volk legitimierte Organ.
Das letzte Wort hat das Volk

In der Schweiz hat nicht das Parlament das letzte Wort, sondern die Stimmbevölkerung. Neben dem Wahlrecht haben die Stimmberechtigten zwei Möglichkeiten, direkt auf die nationale Politik einzuwirken: Mit dem Ergreifen des Referendums oder mit dem Einreichen einer Volksinitiative.