BUNDESGERICHT UND ERSTINSTANZLICHE GERICHTE DES BUNDES
Bundesgericht
Martha Niquille
Vizepräsidentin
Das Bundesgericht ist die oberste rechtsprechende Behörde der Schweiz. Es beurteilt in letzter Instanz alle Beschwerden gegen Urteile der höchsten kantonalen Gerichte, des Bundesstrafgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundespatentgerichts. Das Bundesgericht sorgt mit seinen Urteilen dafür, dass das eidgenössische Recht im Einzelfall korrekt angewendet wird und die verfassungsmässigen Rechte der Bürger geschützt werden.
Das Bundesgericht beurteilt als letzte Instanz Fälle aus nahezu allen Rechtsgebieten. Es prüft auf Beschwerde von Betroffenen, ob das Recht beim angefochtenen Entscheid richtig angewendet wurde. Mit seinen Urteilen stellt das Bundesgericht die einheitliche Anwendung des Bundesrechts im ganzen Land sicher. Seine Entscheide tragen zur Entwicklung des Rechts und zu dessen Anpassung an veränderte Verhältnisse bei. Die anderen Gerichte und die Verwaltungsbehörden orientieren sich an der Rechtsprechung des Bundesgerichts und übernehmen dessen Grundsätze. Das Verfahren vor Bundesgericht findet auf dem schriftlichen Weg statt. Eine Gerichtsverhandlung mit Anhörung von Parteien und Zeugen oder Plädoyers der Anwälte gibt es nicht. Vielmehr stützt sich das Bundesgericht für sein Urteil auf die Fakten, wie sie von den Vorinstanzen festgestellt wurden und in den Akten des bisherigen Verfahrens aufgezeichnet sind. Kommt das Bundesgericht zum Schluss, dass ein unteres Gericht nicht korrekt entschieden hat, hebt es den angefochtenen Entscheid auf und schickt ihn gegebenenfalls zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurück. Das Bundesgericht übt neben seiner Tätigkeit als oberstes Rechtsprechungsorgan die administrative Aufsicht über das Bundesstraf-, das Bundesverwaltungs- und das Bundespatentgericht aus.
Das Bundesgericht hat seinen Sitz in Lausanne und gliedert sich für die Rechtsprechung in sieben Abteilungen, die jeweils für ihre spezifischen Rechtsgebiete zuständig sind. Es gibt zwei öffentlich-rechtliche, zwei zivilrechtliche, eine strafrechtliche und zwei sozialrechtliche Abteilungen; die beiden letzten haben ihren Standort in Luzern. Das Generalsekretariat kümmert sich um die administrativen Aufgaben des Gerichts.
Die 38 Richterinnen und Richter des Bundesgerichts werden von der Vereinigten Bundesversammlung (Nationalrat und Ständerat) auf Vorschlag der parlamentarischen Gerichtskommission nach fachlichen, sprachlichen, regionalen und parteipolitischen Kriterien für eine Amtsperiode von jeweils sechs Jahren gewählt. Bundesrichterinnen und -richter können unbeschränkt oft wiedergewählt werden; die Altersgrenze liegt bei 68 Jahren. Aus dem Kreis der amtierenden Richterinnen und Richter wählt die Bundesversammlung den Präsidenten oder die Präsidentin und den Vizepräsidenten oder die Vizepräsidentin des Bundesgerichts. Am Bundesgericht sind zudem 19 nebenamtliche Bundesrichterinnen und Bundesrichter tätig. Weiter gibt es rund 280 Stellen für Gerichtsschreiberinnen, Gerichtsschreiber sowie andere Mitarbeitende.
Sitz: Lausanne
Bundesstrafgericht
Das Bundesstrafgericht urteilt in Straffällen, die wegen ihrer besonderen Thematik oder Bedeutung der Gerichtsbarkeit der Eidgenossenschaft unterstellt sind. Zudem entscheidet es über Beschwerden gegen die Strafverfolgungsbehörden des Bundes, in Rechtshilfefällen und bei Kompetenzstreitigkeiten.
Die meisten Straffälle werden in erster Instanz durch kantonale Gerichte entschieden. Nur bei bestimmten Kategorien von Delikten sieht das Gesetz eine Beurteilung auf eidgenössischer Ebene durch das Bundesstrafgericht vor. Dazu gehören Straftaten gegen die Interessen des Bundes, Sprengstoffdelikte, grenzüberschreitende Fälle von Wirtschaftskriminalität, organisiertes Verbrechen, Korruption und Geldwäscherei sowie Straftaten mit Bezug zur Luftfahrt oder zu Kriegsmaterial. Das Bundesstrafgericht überprüft auf Beschwerde hin zudem Anordnungen der Strafverfolgungsbehörden des Bundes, im Verwaltungsstrafrecht und in internationalen Rechtshilfefällen in Strafsachen. Es entscheidet weiter bei Zuständigkeitskonflikten zwischen Strafverfolgungsbehörden. Die meisten Entscheide können ans Bundesgericht weitergezogen werden.
Das Bundesstrafgericht besteht seit 2004 und hat seinen Sitz in Bellinzona. Es ist in eine Straf-, eine Beschwerde- und eine Berufungskammer gegliedert. Die Richterinnen und Richter werden von der Bundesversammlung für eine Amtsdauer von sechs Jahren gewählt.
Das Gericht zählt 21 ordentliche Richterinnen und Richter (18,4 Vollzeitstellen) und 12 nebenamtliche Richterinnen und Richter. Sie werden unterstützt von rund 60 Mitarbeitenden (52,5 Vollzeitstellen).
Sitz: Bellinzona
Bundesverwaltungsgericht
Marianne Ryter
Präsidentin
Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über die Beschwerden gegen Verfügungen der eidgenössischen Verwaltungsbehörden. Die jährlich rund 7500 Fälle des grössten Gerichts des Bundes betreffen die verschiedensten Lebensbereiche.
Die Themen der vom Bundesverwaltungsgericht behandelten Fälle reichen von Umwelt, Verkehr, Energie, Steuern und Bildung über Wirtschaft, Wettbewerb, Sozialversicherung und Gesundheitswesen bis zum Bürger-, Ausländer- und Asylrecht. Die aufgeworfenen Fragen sind gesellschaftlich oft von grosser Tragweite, beispielsweise bei Grundsatzentscheiden im Asylrecht und bei grossen Verkehrs- oder Infrastrukturprojekten. Neben Verfügungen von Bundesverwaltungsbehörden können dem Gericht in einigen Sachgebieten auch Entscheide der Kantonsregierungen zur Überprüfung vorgelegt werden. In der Regel ist ein Weiterzug ans Bundesgericht möglich. In gewissen Materien, wie zum Beispiel im Asylbereich, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht dagegen abschliessend.
Das Bundesverwaltungsgericht ist in sechs Abteilungen gegliedert, die jeweils für bestimmte Rechtsmaterien zuständig sind. Die Richterinnen und Richter werden von der Vereinigten Bundesversammlung für eine Amtsdauer von sechs Jahren gewählt.
Das Bundesverwaltungsgericht besteht seit 2007 und hat seinen Sitz seit 2012 in St. Gallen. Pro Jahr entscheidet das Gericht in rund 7500 Fällen. Mit 69 Vollzeitstellen bei den Richterinnen und Richtern sowie 303 bei den weiteren Mitarbeitenden ist das Bundesverwaltungsgericht das grösste Gericht der Eidgenossenschaft.
Sitz: St. Gallen
Bundespatentgericht
Das Bundespatentgericht entscheidet über Streitigkeiten um Patente, vor allem Patentverletzungsklagen und Nichtigkeitsklagen. Der Einbezug von Richterinnen und Richtern mit technischem Fachwissen ermöglicht rasche und kostengünstige Verfahren.
Technische Erfindungen, deren Entwicklung oft hohe Kosten verursachen, werden mit Patenten geschützt und stellen damit ein wertvolles Rechtsgut dar. Das Bundespatentgericht entscheidet im Streitfall, ob für eine technische Neuentwicklung Patentschutz beansprucht werden kann und ob Patentrechte verletzt worden sind. Das Bundespatentgericht befindet zum Beispiel auch darüber, wer der rechtmässige Inhaber eines Patents ist, oder wie ein Patent im Rahmen einer Lizenz genutzt werden darf. Die Urteile des Bundespatentgerichts können beim Bundesgericht angefochten werden.
Die Richterinnen und Richter am Bundespatentgericht werden von der Bundesversammlung für eine Amtsdauer von sechs Jahren gewählt. Der Einbezug von Richterinnen und Richtern mit technischem Fachwissen ermöglicht rasche und kostengünstige Verfahren, da in der Regel auf zeitraubende und aufwendige externe Gutachten verzichtet werden kann. Ein grosser Teil der Verfahren wird mit einem Vergleich abgeschlossen.
Das Bundespatentgericht besteht seit 2012 und hat seinen Sitz in St. Gallen. Eine Besonderheit besteht in Bezug auf die verwendeten Sprachen: Neben Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch können die Verfahrensparteien im gegenseitigen Einverständnis auch Englisch benutzen.
Sitz: St. Gallen